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Die Blechdose
Von Bernd Erich Gall
Das Kind sitzt in einer Pfütze und streckte seine Finger tief in den Schlamm. Seine Kleider sind nass und schmutzig, sein Gesicht ist mit Schatten überzogen. Neben der Pfütze steht eine kleine Blechdose.
»Anna, komm sofort nach Hause!« bellt eine Frauenstimme über die Straße.
Die Hand des Kindes bohrt sich tief in den Schlamm. Zwischen seinen Fingern hängt ein dicker, fetter Regenwurm. Behutsam lässt es ihn über seine Hand gleiten und berührt ihn mit der Zunge. Dann wirft es ihn in die Blechdose, steht auf und hüpft die Straße entlang.
»Anna, wenn du nicht sofort nach Hause kommst ...!«
Das Kind befindet sich bereits auf der Treppe und gähnt in den dunklen Hausflur. Mühsam zieht es sich am Geländer nach oben. Die Wohnungstür ist angelehnt.
»Deine Hände! Bitte geh ins Bad, und dann Marsch an den Tisch!«
Das Kind befolgt die Worte der Mutter.
»Das Essen steht bereits auf dem Tisch«, hallt es aus der Küche.
»Beeil dich, bevor es kalt wird!«
Gleichgültig leert das Kind den Inhalt der Blechdose auf den mit Essen gefüllten Teller. Es isst, und es isst den Teller leer. Dann trägt es das Geschirr in die Küche und steht etwas verloren neben der Spüle.
»Anna, ich lieb dich!«
Das Kind beißt die Zähne zusammen. Fein säuberlich stellt es das Geschirr in die Spülmaschine. Es nimmt die schmutzige Blechdose vom Esstisch und verschwindet in seinem Zimmer. Heute darf es länger aufbleiben, denn morgen ist Sonntag.
Text zu "Environment 060210", 2006 · © www.bernderichgall.de
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