sonstiges

Katalogtexte zu: Bernd Erich Gall · The End Of The Iron Age. - Katalog, 4-farb., 40 S., 2000.LA 2000 · © dada-schriftenreihe · Fotos: VG Bild-Kunst, Bonn · ISBN 3-00-005105-8

Vorwort zum Katalog: Von Dietmar Kamper



Der leere Raum

Fünf Antworten auf Fragen, die ich noch nicht kenne



Erstens:
Heute sind alle Räume überfüllt mit totem Zeug, erst recht der Weltraum. Auch die nahen Räu-me sind mit fernen Dingen voll gestellt, mit Apparaten und Maschinen. Wer denn sollte sich darum kümmern, dass die Räume offen gehalten werden und erst dadurch Spielräume sind. Alle Welt denkt, dass der Raum in Einzahl und Mehrzahl ein Behälter sei, der, einmal errichtet, für immer hält. Räume jedoch ergeben sich erst aus dem „Zwischen“, das Menschen in lebendiger Zeit miteinander und gegeneinander erschaffen.

Zweitens:
Auch die scheinbar objektiven Räume wie Häuser, Städte, Landschaften, Küsten, Meere, Him-mel und Höllen stammen aus der verschwenderischen Einbildungs-Traumkraft der Menschen. Erst dann können sie vermessen, kalkuliert, besessen, zerstört, vernichtet werden. Oder einfach leerlaufen, so dass nur noch die leeren Behälter aus früherer Zeit übrig bleiben: Ruinen, soweit das Auge reicht. Aber schon das Sehen ist unfähig, Räume offenzuhalten, wenn der Kontrollblick nicht getrübt wird durch verehrende Wahrnehmung.

Drittens:
Der Punkt, von dem aus die überfüllten Räume in ihrer Leere erscheinen, ist der Dreh- und Angelpunkt einer Treppe der Abstraktionen, die ins Nichts führt. In der äußersten Abstraktion ist alles Vorausgehende: Raum, Fläche, Linie auf den Punkt gebracht. Die Pointe lautet: Weniger als Nichts kann es nicht geben. Der Körper ist ins Bild gesetzt, auf die Schrift fixiert und zeitlich als unmögliche Gegenwart verfügt. Man nennt das Echtzeit. Aber das Authentische ist wie immer Gewalt, hier die Zeitpunktfolge einer Digitaluhr.

Viertens:
In der De-Eskalation von Raum, Fläche, Linie, Punkt taucht, vom Ende her betrachtet, eine Kaskade von Abgründen auf. Der sogenannte Übergang zwischen den Dimensionen ist ein wirkliches Rätsel, das nicht in kontinuierliche logische Sätze gefasst werden kann.